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18 May 2021

HOMESTUDIO IMPROVEMENT pt.II

Im letzten Blogbeitrag haben wir geschaut, wie dein Raum beschaffen ist, wie du ihn zu deinem akustischen Vorteil einrichtest und mit welchen kleinen Kniffen du dein Setup von Grund auf optimal auf deinem Raum abstimmst. Um jetzt noch eine Schippe drauf zu packen, kommst du um eine Messung nicht herum. Denn erst diese ermöglicht dir eine detaillierte Beurteilung des Frequenzspektrums deiner Speaker und des Nachhalls deines Raumes. Dazu zeige ich dir, was du für die Messung benötigst, wie, wo und mit welchem Ziel du messen solltest und was du aus den Ergebnissen deiner Messung ableiten kannst.

 

Das Ziel

 

Wenn man es runter bricht, willst du wissen, wo deine Speaker optimal stehen, wo du sitzen solltest und wie dein Raum klingt. Technisch gesagt heißt das also, was der bestmögliche Frequenzverlauf deiner Speaker in deinem Raum an der Abhörposition sein kann und was dein Raum für ein akustisches Verhalten hat. Das findest du am besten über mehrere Messreihen heraus.

 

Ziel der ersten Messreihe sollte es sein, den perfekten Spot für deine Abhörsituation zu finden. Das gilt sowohl für die Position deiner Speaker, als auch für deine Sitzposition. Gemessen wird hier erstmal mit einem Speaker. Mit der zweiten Messreihe schaust du, ob beide Speaker zusammen passen oder ob sich hier neue Probleme ergeben. Hast du einen Subwoofer kommt das Top-Sub-Alignment mit der dritten Messreihe. Hier geht es darum den Bass sowohl in der Übergangsfrequenz, als auch in der Phasenlage mit deinen Speakern zusammenzubringen. Und um’s ganz genau zu nehmen, machen wir mit der vierten Messreihe noch eine Raumakustik Messung. Weil die Raumakustik aber ein sehr großes Thema für sich ist, wird es dazu noch einen extra Blogbeitrag geben, den ich später hier verlinken werde. Fürs erste betrachten wir hier “nur” deine Speaker.

 

Das Equipment

 

Neben deinem Rechner und der Mess-Software (z.B. Room EQ Wizard oder CARMA) brauchst du ein einfaches Interface, ein Messmikrofon, ein Mikrofonstativ, XLR Kabel und Klinke Patchkabel. Das Setup ist simpel: Das Mikrofon via XLR Kabel mit dem Interface verbinden, auf ein Stativ packen und an der Abhörposition aufstellen. Das Patchkabel brauchst du, um einen der Ausgänge deines Interface in einen Eingang zurück zu schleifen. Ich habe dir am Ende des Beitrages ein paar Links mit Produktempfehlungen in verschiedenen Preiskategorien angehängt.

 

Beginnen wir mit der Software (z.B. Room EQ Wizard). Wie du diese richtig einrichtest, kannst du dir HIER anschauen. Außerdem ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um die Korrekturdaten von deinem Mikrofon einzugeben und dein Interface zu kalibrieren. Das Korrektur Sheet kannst du beim Hersteller anfordern. Dieses ist für jedes Mikrofon individuell. Ist das erledigt, geht es los mit der ersten Messung.

 

Messreihe 1 - Die richtige Abhör- und Speaker Position

 

Stelle dein Mikrofon an deine bisherige Abhörposition auf 1,20 m Kapsel Höhe (dies entspricht der gemittelten Ohrhöhe einer sitzenden erwachsenen Person). Die meisten Mikrofone haben einen deutlichen Anstieg zu den hohen Frequenzen, wenn man sie frontal auf die Speaker richtet - Stichwort Diffusfeldentzerrung. Daher ist es empfehlenswert, das Messmikro zur Decke zeigen zu lassen. Genauer kannst du das beim Hersteller erfragen oder findest diese Info im technischen Datenblatt unter “Richtcharakteristik”.

 

Pro Lautsprecherposition machst du nun drei bis fünf Messungen und vergleichst die Mittelwerte der Messungen. Das Mikrofon wird dazu an der Abhörposition jeweils 10 bis 20 cm nach rechts und links und wenn du genau sein willst noch nach vorn und hinten verschoben. Nachdem die ersten Messungen durch sind verschiebst du deinen Speaker um jeweils 10 cm in eine Richtungen und wiederholst die Messreihen. Das machst du so oft, bis du den für deine Abhörposition bestmöglichen Frequenzgang gemessen hast. Um diesen zu finden, achte darauf, ob sich beim Verschieben des Speakers neue “Täler” oder “Berge” in deiner Messung zeigen.

 

 

Je weniger davon und je glatter der Frequenzverlauf, umso besser. Markiere und nummeriere dir die jeweiligen Messpunkt am besten auf dem Boden, um zu vorherigen Positionen zurückgehen zu können. Bist du mit den Positionen nicht glücklich, kannst du alternativ deine Abhörposition verschieben und nochmal von vorn messen. Es kommt oft vor, dass der vermeintliche Sweet Spot gar keiner ist und erst das Versetzten des Abhörpunktes den gewünschten Frequenzgang ermöglicht.

 

Messreihe 2 - Speaker Matching

 

Position gefunden? Gut, denn der größte Teil der Messung ist geschafft! Jetzt misst du beide Speaker zusammen. Dazu stellst du den zweiten Monitor spiegelsymmetrisch zum ersten Monitor auf (d.h. selber Abstand zur Rückwand und zur Seitenwand). Mit der nun folgenden Messung überprüfst du, ob sich etwas am Frequenzverlauf der Speaker zusammen ändert, also ob signifikante “Täler” oder “Berge” entstehen. Wenn das der Fall ist, ist es ratsam die Speaker oder deine Abhörposition noch einmal zu verschieben. Achtung: Dabei müssen beide Speaker spiegelsymmetrisch zueinander geschoben werden, sonst fällt deine Abhörposition aus der Stereomitte heraus. Wenn sich nichts groß ändert, perfekt. Deine Speaker sind gematched. Hast du einen Sub geht’s im nächsten Schritt weiter.

 

Messreihe 3 - Sub Alignment

 

Hier wird’s schon kniffliger. Jetzt betrachten wir nicht nur den Frequenzgang, sondern auch die Phasenlage, bzw. Phasenverschiebung der beiden Speaker zusammen. Weil die Erklärung von “Phasenverschiebung” für diesen Blog zu physikalisch bzw. mathematisch werden würde, habe ich dir HIER einen Beitrag zur Erklärung verlinkt. Ziel des Alignments ist es, einen natürlichen Verlauf der Phase in der Übergangsfrequenz zu erreichen (im Bild zu erkennen an dem gleichmäßigen diagonalen Verlauf der hellbraunen Kurve).

 

 

Um die Bass Position zu bestimmen, denkst du dir eine Linie von deinem Ohr zu deinen Topteilen. Die Entfernung wird irgendwas zwischen 1,2 und 2,0 m sein, wenn du normale Nearfield Monitore benutzt und hinter deinem Schreibtisch platzierst. Der Bass sollte theoretisch, wenn man ihn nicht künstliche über digitale Delays anpassen kann, auch diesen Abstand zu deinen Ohren haben. Aber da ist noch Spiel! Hierzu ein kurzer Nerd-Exkurs:

 

Beim Alignment der Tops zu den Subs haben wir ein bisschen Spiel, um genau zu sein ±120° Phase in der Übergangsfrequenz. Dadurch ergibt selbst bei einer hohen Crossover-Frequenz von 100Hz einen Spielraum von ± einem Meter, in dem wir den Bass verschieben können, ohne aus diesem Bereich heraus zu rutschen. Warum ist das so? Dazu schauen wir auf die Pegeladdition in Bezug zur Phasenlage: Die ergibt +6 dB bei 0° Phase und ±0 dB bei 120° Phase in der Übergangsfrequenz. Alles, was weiter aus diesem Bereich raus geht wird zu einer negativen Addition, sprich zu einer Auslöschung und ist daher unbrauchbar. Je niedriger die Trennfrequenz ist, umso länger ist die Welle. Das bedeutet, dass dein Bass weiter weg stehen darf und du umso mehr Spielraum für die Positionierung hast.

 

Wo du den Bass als erstes hin stellst, ist eine Philosophie Frage für sich. Manche Kollegen schwören darauf, in der Raumecke anzufangen, andere sagen es ist die Raummitte. Ich habe meine nah hinter meinen Monitoren platziert und von dort aus in alle Richtungen verschoben. Gemessen von meiner Abhörposition habe ich eine Abstandsdifferenz von weniger als 50 cm zwischen den Tellern meiner Speaker und den Kalotten der Subwoofer.

 

 

Wenn du einen einzelnen Subwoofer verwendest, ist es egal ob du ihn mittig, links, rechts oder in einer Ecke platzierst. Relevant ist nur der Abstand und wiederum der bestmögliche Frequenzverlauf. Hier machst du wie in der ersten Messreihe wieder für jede Position eine Messung. Beim Bass reicht auch eine an der Abhörposition, da sich aufgrund der großen Wellenlängen in den tiefen Frequenzen nicht mehr so viel ändert, wenn du das Messmikro leicht hin und her bewegst.

 

Ein kurzes Wort noch zur Trennfrequenz: Ich orientiere mich immer am Wirkungsbereich der Topteile. Wenn der Frequenzgang deiner Speaker in deinem Raum gemessen ab 80 Hz abfällt, macht es total Sinn dort den Bass anzusetzen und diesen über 80Hz abzuschneiden. Die meisten Subs haben eine interne Frequenzweiche, die du nutzen kannst, um deine Speaker darüber sauber zu trennen. Einfach deinen Sound-Output in deinen Bass stecken und dann vom Bass aus weiter in deine Speaker gehen.

 

Messreihe 4 - Raumakustik

 

Die Raumakustik zu messen und zu verstehen ist sehr umfangreich. Damit das Thema hier nicht zu kurz kommt und dieser Blogbeitrag nicht noch mehr explodiert, werde ich dazu einen gesonderten Beitrag schreiben und später hier verlinken. So viel schon vorab: Mit der Raumakustik Messung gehen wir zusätzlich zu deiner Abhörposition auch an andere Stellen in deinen Raum, um genau zu sehen, wie sich dieser verhält. Wir betrachten hier neben dem Frequenzverlauf vor allem die Nachhallzeit deines Raumes in verschiedenen Frequenzbändern. So kannst du genau beurteilen, welche raumakustischen Maßnahmen (also Absorber, Diffusoren und Resonatoren) du vornehmen musst, um den Klang deines Raumes zu tunen.

 

Das Lesen und Interpretieren der Ergebnisse

 

Messen kannst du viel. Die Ergebnisse zu lesen, ist allerdings der Schlüssel. Hier ein paar kurze Interpretationsrichtlinien:

 

Hast du einen deutlichen “Berg” in deinem Frequenzverlauf (z.B. klassisch im Bassbereich), kann es mit der Reflektion über eine der Wände hinter oder seitlich des Speakers zu tun haben. Das kannst du überprüfen, indem du den Speaker von der Wand weg schiebst. Rutscht der “Berg” tiefer, ist es eine Addition durch Reflektion der jeweiligen Wand. Diese kannst du über Absorber behandeln und so die Reflektion mindern. Bleibt die Frequenz hingegen gleich ist es wahrscheinlich, dass du eine der Moden des Raumes angeregt hast. Einen guten Beitrag über Raummoden findest du HIER. Abhilfe bei diesem Problem können Absorber oder Bassfallen schaffen.

 

Wenn dein Bassbereich generell deutlich mehr Pegel aufweist, als der Mitten oder Höhenbereich, kann es daran liegen, dass deine Speaker zu nah an der Wand stehen. Die zunehmend kugelförmige Abstrahlung hin zu den tiefen Frequenzen führt durch die Reflektion in Nähe der Wand zu eine Bassanhebung um rechnerisch + 6dB. Da hilft nur die Speaker weg von der Wand zu rücken oder mittels eingebautem EQ am Speaker kompensieren, wenn das Verschieben keine Option ist.

 

Findet sich ein tiefes Tal in deinem Frequenzverlauf, deutet das auf eine Auslöschung hin - eine weitere Raummode. Da man die Raumgeometrie selten verändern kann, hilft hier tatsächlich nur Speaker oder Abhörposition verschieben. Auslöschungen lassen sich deutlich schlechter akustisch behandeln als “zu viel” Energie im Raum.

 

Ein Spezialfall ist die Auslöschung um ~ 150 Hz. Diese tritt fast immer auf, wenn deine Speaker auf einem Stativ hinter deinem Tisch stehen. Bedingt wird diese durch die Standhöhe des Speakers und die erste Reflektion über den Boden. Eine weitere Auslöschungen im Mittenbereich um ~ 1.5 kHz lässt sich mit dem selben Phänomen erklären - mit der Reflektion des Schalls über die Tischplatte. Hier helfen dezidierte Studiomöbel, die zum Teil zum Hörer geneigt sind und dadurch den Schall nach hinten in den Raum ableiten. Zusätzlich wird die Bodenreflektion z.T. verdeckt, was die erste Auslöschung etwas abschwächt.

 

Gebündelte Zusammenfassung

 

Um die perfekte Position zu finden brauchst du vor allem Zeit. Zuerst misst du einen Speaker und schiebst diesen und deine Abhörposition so lange bis du den bestmöglichen Frequenzverlauf gefunden hast. Versuche immer symmetrisch zur Raummitte zu bleiben. Danach misst du beide Speaker zusammen und überprüfst, ob beide gleich gut funktionieren. Das Bass-Alignment kommt im dritten Schritt. Dazu betrachtest du zusätzlich zur Frequenz die Phasenlage der Messung in der Übergangsfrequenz. Große “Berge” im Frequenzverlauf sind auf Reflektionen der angrenzenden Wände oder Raummoden zurückzuführen. Absorber sind hier das richtige Mittel. “Täler” lassen sich nur schwer akustisch behandeln. Hier hilft nur nochmal verschieben. Ein dezidierter Studiotisch kann bei der Auslöschung um ~ 150 Hz und ~ 1.5kHz helfen.

 

Die perfekte Speaker Position wird in 90% der Fälle immer ein Kompromiss sein. Neben der richtigen Speaker- und Abhörposition spielt die Akustik deines Raumes für den perfekten Klang eine weitere, entscheidende Rolle. Kleine Aspekte habe ich dir hier schon aufgezeigt. Einen ausführlichen Beitrag zum Thema Raummoden, Absorber und dergleichen werde ich dir sobald er veröffentlicht ist hier verlinken.

 

Jetzt bleibt mir nur noch dir zwei Dinge zu wünschen: viel Erfolg beim Messen und vor allem viel Geduld. Wenn du dich entscheidest, diesen Punkt einmal anzugehen, wirst du sehen - die Mühe ist es allemal wert!

 

Kurze Produktempfehlung

 

Einiges an Technik kannst du schon zu einem vernünftigen Preis bekommen. Hier ist eine Liste mit Interfaces, Mikrofonen und Software in verschiedenen Preiskategorien.

 

Interfaces

 

Focusrite Scarlett 2i2

Steinberg UR22mkII

SSL 2

 

Mikrofone

 

Beyerdynamics MM-1

Dayton Audio EMM-6

iSEMcon EMX-7150-CF

Behringer ECM8000

 

Software

 

Room EQ Wizard

CARMA

Smaart V8

 

- Johannes

 

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